2009: Und wenn das Weib die Wahrheit wäre?

 

Führung durch die Ausstellung „Vielleicht ist die Wahrheit ein Weib ..“ im Museum für Europäische Gartenkunst am 20. August 2009.

(Ausstellung vom 24. Mai bis 30. August 2009  - verlängert bis 13. September 2009)

 

Eine Videoinstallation: Ulrike Rosenbach schießt mit Pfeilen auf das Bildnis der Madonna im Rosenhag[1], in dem sich zugleich ihr eigenes Bild bricht. Amazone? Märtyrerin, grausame Zerstörerin ihres eigenen kulturellen Ichs? All dies zugleich?

Vom alttestamentarischen Baum der Erkenntnis, um den sich die Schlange windet, führt die Abfolge der Exponate in der vorzüglich präsentierten Ausstellung zu dieser modernen Reflexion und zurück. Aber, in der Sinnlichkeit Franz v. Stucks, ist es nicht der Baum, um den sich die Schlange windet, den Betrachter grässlich fixierend, – es ist das Weib. „Vielleicht ist die Wahrheit ein Weib …“ sinnierte Friedrich Nietzsche, „vielleicht ist ihr Name, griechisch zu reden, Baubo" (Schoß).

Gabriele Uerscheln, Direktorin der Museen und Mitglied des Stiftungsvorstandes, führte Mitglieder der Freunde von Schloss und Park Benrath e.V. durch die Ausstellung, die mit Blick auf die mythologische Staffage des Schlosses konzipiert ist und gleichzeitig thematisch an die vorangegangene Ausstellung „Der große Pan ist tot“ anknüpft. Mit Aperçus und Erläuterungen zu den aus vielen europäischen Museen zusammengetragenen wertvollen Exponaten zeigte sie einen interessanten Bogen auf, der, ausgehend von der griechischen Mythologie über ihre historische Rezeption bis hin zur Brechung in der Moderne führend, das Thema der Erkenntnissuche  im Spannungsfeld der Götter- und Menschenwelt sowie der Geschlechterrollen faszinierend aufscheinen ließ. Vom Kampf zwischen Chronos und Uranos, aus dem in der Gestalt der Aphrodite aus Grauen schaumgeboren Schönheit entsteht, über das tragische Schicksal Aktaeons, den Artemis / Diana grausam bestraft, von der in ihren Warnungen ungehörten Kassandra über die Perseus-Sage, Ödipus und die Sphinx-Gestalt bis zu eben jener orphischen Baubo wurden Schleier dieser mythologischen Erfahrungen gelüpft.

Ob die Frage Nietzsches aus dem Vorwort seiner „Fröhlichen Wissenschaft“ wirklich beantwortet werden kann oder soll?  Unter Verweis auf Schiller mag es vielmehr angeraten sein, nicht alle Geheimnisse des verschleierten Bildnisses der mythischen Mutter Natur entzaubern zu wollen. Die nackte Wahrheit – sei sie Mann oder Frau – ist, zumindest kulturell gesehen, eben nur nackt. Unter der kundigen Führung von Frau Uerscheln offenbarte die Ausstellung in den schönen Falten eines mythisch-künstlerischen Gewandes manches, das sonst dem Betrachter verborgen bleiben würde.

Für diese spannende  Stunde wurde Frau Uerscheln von den „Freunden“ aufrichtig Dank gesagt. /hb

 

Die Ausstellung ist bis zum 13. September 2009 verlängert worden. Ihr Besuch kann nur empfohlen werden – insbesondere, wenn man sich auch in den vorzüglich editierten, facettenreichen Katalog und Begleitband vertieft, der in vielen hervorragenden Essays zu manchem Exponat Überraschendes aufzeigt und Querverbindungen sichtbar werden läßt. Dieser Band ist in sich von bleibendem Wert.

 



[1] Stefan Lochner:  Madonna im Rosenhag (1448), heute Wallraf-Richartz-Museum zu Köln.

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