Kurfürstliche Zeitmesser: Die Geschichte der Uhren in Schloss Benrath

Bevor wir zum Artikel über die „Kurfürstlichen Zeitmesser“ kommen eine Frage vorab.
Wussten Sie, wie die Tischuhr von Guillaume Cornille ihren Weg zurück in Schloss fand?

Und so war es:
2019 entdeckte Uhrmachermeister Christian Schnurbus, der die Uhrensammlung in Schloss Benrath betreut, diese fein gearbeitete Tischpendulen mit Löwenköpfen am Fuß und an den Seiten im Kunsthandel. Seine Recherchen ergaben, dass diese Uhr für Schloss Benrath durch den ab 1770 für den Düsseldorfer Hof tätigen Guillaume Cornille angefertigt wurde – die Uhr trägt seine Namensinschrift im Uhrwerk. 1807 ist sie noch in Benrath nachweisbar, danach verliert sich ihre Spur, bis sie erstmals 2004 auf einer Auktion in Amsterdam wieder auftaucht. 2020 konnte sie mit Unterstützung der „Freunde“ und anderer Sponsoren für Schloss Benrath erworben werden.

Mit fast 50.000 € hat der Freundeskreis bisher den Aufbau der historischen Uhrensammlung von Schloss Benrath unterstützt.

Foto © Hardo Bruhns

Doch nun zum Artikel:

Kurfürstliche Zeitmesser – die Geschichte der Uhren in Schloss Benrath

geschrieben von Hardo Bruhns

Dem Besucher in Schloss Benrath wird beim Rundgang durch die repräsentativen Räume des Erdgeschosses und die Kavaliersräume im Mansardengeschoß die große Zahl prachtvoller Uhren auf den Kaminsimsen auffallen. Man könnte meinen, sie stammten alle original aus den Zeiten der herrschaftlichen Nutzung des Schlosses – aber so ist es nicht: tatsächlich kann man Schloss Benrath als ein Museum für Uhren der zweiten Hälfte des 18. und des 19. Jahrhunderts bezeichnen.

Denn für den Erhalt der historischen Ausstattung des Schlosses waren die Zeiten nicht günstig. Kurz nach Fertigstellung des Schlosses, 1777, erbte der pfälzische Carl Theodor Bayern, verlegte die Residenz von Mannheim nach München und verlor das Interesse am fernen Benrath. Dann folgten die turbulenten Zeiten der französischen Revolutionskriege  – schon 1795 wurde Düsseldorf eingenommen, kam 1801, nach dem Frieden von Lunéville, für kurze Zeit frei, aber bereits 1806 gehörte es wieder unter Napoléon zum französischen Herrschaftsbereich. 

Uhren und andere kostbare Ausstattungsgegenstände gehörten rechtlich eigentlich zum festen Inventar des Schlosses, allerdings verhinderte das nicht, dass schon Carl Theodor solche Stücke nach Mannheim und München mitnahm. Dann verlor sich Manches, was vor der Besetzung 1795 nicht hatte gerettet oder versteckt werden können, in Richtung Frankreich. In Napoléons europäischen Ordnung wurde Düsseldorf 1806 die Hauptstadt des neugeschaffenen Großherzogtums Berg, und Joachim Murat, Schwager des französischen Kaisers, residierte als Großherzog in Schloss Benrath, das er nach vornehmster französischer Mode einrichten ließ. Aber schon 1808 wurde er König von Neapel, und damit verschwand manches Kostbare aus Schloss Benrath – dieses Mal nicht nach Westen, sondern nach Süden über die Alpen. 1815 kam das Rheinland an Preußen, und Schloss Benrath wurde zunächst Divisionskommandantur, dann ab 1854 hauptsächlich Sommerresidenz für Mitglieder der königlichen Familie. Um 1884 waren noch sechs Uhren im Schloss (neben dreien, die über dem Portal als „Schlossuhr“ und als Wanduhren zwischen Vestibül und Kuppelsaal „niet- und nagelfest“ eingebaut waren). Neue Einrichtung kam aus Richtung Berlin – und verschwand wieder, als die preußische Krone  das Schloss Benrath 1911 an die Gemeinde Benrath verkaufte: vier Benrather Uhren, noch aus dem ursprünglichen Bestand um 1770, gingen nach Preußen (zwei davon nach Sanssouci). Aber auch der neue Eigentümer, die Gemeinde Benrath sorgte für Verlust: mit anderem Mobiliar versteigerte sie vermutlich auch Uhren, um Geld für den Schlosskauf aufzutreiben.  Fürstliches verlor sich im Schloss: fortan beherbergte es Wohnungen, Lyzeum, Gymnasium, die Feuerwehr und ein Heimatmuseum. Historische kostbare Uhren waren nicht gefragt.

Nach dem zweiten Weltkrieg entstand ein neues Bedürfnis einer repräsentativen Nutzung des Corps de Logis für Staatsempfänge durch die Landesregierung und auch die Bundesregierung im nahen Bonn. So kam der Wunsch auf, das Schloss museal wertvoll auszustatten. Erste Ankäufe von Uhren im europäischen Kunsthandel begannen Mitte der 1950er Jahre, wobei kunsthistorisch der Schwerpunkt auf der Periode des jungen Schlosses (1750 – 1800) und auf Pariser Uhrmachern lag, die seinerzeit stilbildend waren.  Bis Ende der 1980er Jahre wurden 13 Uhren erworben.

Mit dem Wegzug der Bundesregierung nach Berlin entstand eine Phase der Unsicherheit für das Schloss; die Bildung von Fördervereinen, aus denen unsere „Vereinigung Freunde Schloss und Park Benrath e.V.“ hervorging, war unmittelbare Konsequenz[1] und im Jahr 2000 gelang es, die „Stiftung Schloss und Park Benrath“ zu gründen und damit den Erhalt und die museale Nutzung des Schlosses dauerhaft sicherzustellen. Damit verstärkte sich das Bestreben, die historische Ausstattung zu ergänzen, insbesondere auch mit weiteren Uhren für die ehemaligen Wohnräume des Schlosses.  

Heute finden sich 24 kostbare und kunsthistorisch zum Schloss passende Uhren auf den Simsen der Räume zusätzlich zu den drei fest verbauten Uhren. Finanziell  geht es dabei nicht nur um die Akquisition, bei der die Roland-Weber-Stiftung Beachtliches geleistet hat, sondern insbesondere auch um die Restaurierung des Bestandes. Allein seit 2003 haben die Freunde von Schloss und Park Benrath für Erwerb und Restaurierung der Uhrensammlung fast 50.000 € investiert und die Herausgabe eines von Stefan Schweizer besorgten Bestandskatalogs[2]  ermöglicht. Ist die Beschreibung der Uhren, ihrer Uhrmacher und Vergolder, ihrer Technik und Provenienz schon interessant, so vermittelt dieser Band darüber hinaus auch einen Eindruck von spannenden Recherchen, die zur Aufklärung der Wege ursprünglicher und neuer Benrather Uhren unternommen wurden. Dabei gelang es dem Uhrmachermeister Christian Schnurbus, der die Benrather Uhren fachlich betreut, sogar, eine Uhr auf dem Kunstmarkt zu entdecken, die zu dem originalen Uhrenbestand von Schloss Benrath gehörte.

Der Katalog „Kurfürstliche Zeitmesser“ kann im Museumsshop erworben werden. Dank seines interessanten Textes und  zahlreicher Abbildungen eignet er sich auch als „coffee table book“: als kleines, aber schönes Geschenk für kunsthistorisch Interessierte.


[1] Zunächst entstanden zwei Vereine:  „Rettet Torhaus und Ostflügel von Schloss Benrath e.V.“, setze sich erfolgreich für die Sanierung des zuvor als Gymnasium genutzten Ostflügels und seinen Erhalt für museale Zwecke ein, der „Verein der Freunde von Schloss und Park Benrath e.V.“,  die Ausstattung und kulturelle Nutzung des Schlosses. Diese beiden Vereine fusionierten 2009 zur „Vereinigung Freunde Schloss und Park Benrath e.V.“  Zusätzlich gab es noch einen Förderkreis für das Naturkundemuseum im Westflügel des Schlosses.

[2] „Kurfürstliche Zeitmesser – Uhren aus der Sammlung von Schloss Benrath“, Redaktion: Inge Zacher, Stefan Schweizer, Eva-Maria Gruben, Silke Tofahrn, Katalogtexte: Christian Schnurbus, Fotos: Hardo Bruhns, Stefan Arendt. 102 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Stiftung Schloss und Park Benrath (2020).

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