Reise der „Freunde Schloss und Park Benrath“ vom 10. – 14. Juni 2025
Geschrieben von Heiner Meulemann, 15. Juni 2025
Foto: Flachsfeld an der Opalküste © Axel Poscher
Lieber um viertel vor sieben am Busbahnhof Benrath als um 04:30 an der Ryan Air-Abfertigung im Flughafen Köln-Wahn. Tatsächlich zeigte die Bord-Uhr unseres Buses 06:58, als alle 28 Reiseteilnehmer „eingecheckt“ waren.
Am ersten Tag, dem 10.6., ging es über die Autobahn in vier Stunden nach Dunkerques zur Strandpromenade, wo der Bus hinter monoton glatten, fünfstöckigen Ferien-Apartmenthäusern, die weißer waren als der Strand, seinen Standplatz gefunden hatte. Ein Spaziergang auf der breiten Promenade führte zu etwas schöneren Jugendstil-Mietwohnungshäusern und zu Strandcafés mit Moules frites, die gerne das belgische Nationalgericht wären. Von der Strandpromenade ein kleiner Zwischenspurt des Buses zur Innenstadt, wo der Korsar und Stadtheld Jean Bart aus der Zeit Ludwigs XIV. bis heute auf seinem Podest steht, und zum Handelshafen, der an die Evakuierung in kleinen Fischerbooten von 350.000 britischen Soldaten, die von deutschen Truppen eingekesselt waren, im Mai/Juni 1940 erinnert.
Nur fünf Kilometer landein von Dünkirchen liegt das Städtchen Bergues. Es ist bedeutend nicht nur seines Belfrieds mit Glockenspiel wegen – eines Turms, der bürgerliche Macht gegen kirchliche zeigen soll –, sondern auch wegen seiner sternförmigen Befestigung aus dem 16. Jahrhundert, die man am besten aus der Luftaufnahme einer Postkarte einschätzen kann.
Von Bergues, das wir am frühen Nachmittag verließen, sind es gut 120 km Luftlinie quer durchs Land und von der nördlichen zur westlichen Küstenlinie bis zu unserem Hotel du Parc in Neufchâtel-Hardelot. Das Hotel liegt ganz im Grünen (nahe am Golfplatz), aber doch eine halbe Stunde fußläufig vom Strand (den wir ignorierten). Es hat geräumige Zimmer mit Balkon. Der weitläufige Empfang mit Bar hat viele von uns noch nach dem von 20 bis 22 Uhr ausgedehnten Abendessen zum Plausch und zur Entspannung zusammengebracht – aber nicht zu lang, denn die tägliche Abfahrtszeit für die weiteren Busreisen über Land war 9 Uhr.
Insgesamt sind wir, wie der Busfahrer sagte, 1.400 km, durch die teils hügelige, teils brettflache Landschaft gefahren. Den Vorteil eines festen Standorts bezahlt man wohl mit längeren Fahrten vor Ort. Wir fuhren durch Dörfer mit immer den gleichen spitzgiebeligen und spitzgaubigen Einfamilienhäusern, die oft liebevoll mit Rosensträuchern dekoriert waren, und vorbei an Feldern so groß wie in der DDR. Es ist eine herrliche, jahreszeitlich sattgrüne Landschaft mit gelben Raps- und blauen Flachsfeldern dazwischen. Aber die Ortsränder sind oft mit riesigen Aluminium-Bauten gesäumt, die meist nichts über ihren Zweck (Aldi und Lidl waren allerdings dabei) verraten. Die Landschaft hat den Namen Opalküste von den „milchfarbigen Fluten, die an sie schlagen“, wie mein Guide Michelin „Nord de la France“ 1973, S. 79, mir verrät. Was wie eine neue Reklameformel klingt, ist also doch mehr als 50 Jahre alt.
Unsere folgenden Tagestouren waren sehr geschickt vom Hotel aus als Stichtouren ins Umland geplant. Am zweiten Tag, Mittwoch den 11.06., ging es ostwärts nach Saint-Omer, wo wir die Basilika besichtigten, die nicht nur durch die Höhe ihres Turms, sondern auch durch ihren gewaltigen Innenraum und ihre Orgel beeindruckt. Nach der Mittagsjause in einem der Cafés am Markplatz haben wir das Kloster Clairmarais besichtigt. Eine Brauerei, die mit drei Biersorten zunehmenden Alkoholgehalts überlebt hat – wir haben sie sparsam probiert. Danach ging es zur Bootsfahrt ins Sumpfgebiet Audomarois, in dessen trockengelegten Feldern als Spezialität Blumenkohl angebaut wird. Entspannender als auf der fast lautlos gleitenden Fahrt durch die Kanäle kann man es nicht haben.
Am dritten Tag, Donnerstag den 12.06., ging es südwärts zur Abtei Valloires. Sie ist im 12. Jahrhundert erbaut, dann zerstört und im 18. Jahrhundert nach dem alten Grundriss wieder aufgebaut worden. Ein solche „Renaissance“ des klösterlichen Mittelalters habe ich noch nicht gesehen. Ebenso viel Aufmerksamkeit verdienen die geometrisch und farbenfroh komponierten Rosengärten vor dem Kloster. Anschließend nach Montreuil-sur-Mer, wo für die meisten von uns das Mittagessen leider verhinderte, die malerischen Straßen und die Abteikirche anzusehen, zu den unsere Führerin Kathrin fürsorglich die Prospekte kopiert hatte. Der Tag wurde abgeschlossen im Badeort Le Touquet – Paris-Plage benannt, weil er bei seiner Gründung im 19. Jahrhundert vor allem von Parisern besucht wurde. Le Toquet wird heute noch vom Präsidenten Macron beehrt und hat als „schönster Erholungsort der Opalküste“ in meinem Guide Michelin drei Sterne. Aber die Badepromenade besteht aus leicht verkommenen Jugendstil-Etagenhäusern wie in Dünkirchen, deren Reihung noch stärker als dort von neuen, bis zu 10-stöckigen, eintönigen Eigentumswohnetagen brutal durchbrochen wird. Etwas versöhnlicher stimmen die belebte schattige Einkaufsstraße Rue Quebec und die Prachtvillen im Wald ringsum, durch den man Le Touquet wieder verlässt.
Am vierten Tag, Freitag den 13.06., ging es nordwärts zum Cap Gris-Nez, wo der Ärmelkanal am schmalsten ist und die deutschen Besatzertruppen 1944 die Landung der Amerikaner und Engländer erwarteten. (Die kamen mehr als 100 km weiter westlich in der Normandie an Land, an Orten, die später nach der Herkunft der Amerikaner benannt wurden). Vielleicht noch besser als z.B. am Omaha Beach kann man am Cap Gris-Nez sehen, wie der Verteidigungskrieg das Land gleichsam perforiert hat. Schützenstellungen und Bunker, soweit das Auge reicht, lassen aber den herrlichen Ausblick auf die Küste und kleinen Buchten links und rechts nicht vergessen.
Auf dem Rückweg besichtigten wir die Oberstadt von Boulogne-sur-Mer zu Fuß. Die Oberstadt ist von einer extrem gut erhaltenen Stadtmauer mit einem Schloss umgeben, die man in einem nach Charles Dickens benannten Park abwandern kann (Ich vermute, Dickens hat hier auf seinen Parisreisen Station gemacht). Die Oberstadt beherbergt weiterhin eine Kathedrale, deren Bau im 11. Jahrhundert angefangen und im 19. Jahrhundert von einem mönchischen Autodidakten abgeschlossen wurde. Sie hat eine riesige Krypta, deren Säulenbemalung erhalten und deren Wandbemalung restauriert wurde. Die Unterstadt von Boulogne-sur-Mer, also Badestrand und Hafen, sind so weitläufig, dass wir sie nur vom Bus aus besichtigen konnten.
Am fünften Tag, Samstag, den 14.06., ging es ostwärts nach Lille und zurück nach Deutschland. Vielleicht war es nicht nur das entspannte Samstagsleben, das die Stadt allen so liebenswert gemacht hat. Der Grand Place (der nach dem Sohne der Stadt auch Place General de Gaulle heißt) mit den schönen, koordiniert dekorierten Fensterfassaden, die neugotische Kirche Notre Dame mit ihrer durchsichtigen Steinfassade und abstrakten Rosette und nicht zuletzt die engen Innenstadtgassen mit ihren Estaminets (Bierkneipen) werden auch dazu beigetragen haben. Von Lille über die Autobahn durch Belgien ging es wieder zurück nach Düsseldorf.
Es war eine abwechslungsreiche, wunderschöne Reise, die ich lange in Erinnerung behalten werde. Mein Dank geht an die Organisatoren, unsere Vorsitzende Dorothea Sprockamp-Poscher und unsere Reiseleiterin Ursula Schiefer, und nicht zuletzt an unsere unermüdliche Führerin Kathrin und unseren, auch in den engsten Gassen sicheren, Fahrer Herrn Pollard.