Geschrieben am 22.September 2025 von Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Kulturdezernent und Stadtdirektor a.D/ Kulturstaatssekretär a.D.
Als ich Anfang 1992 von Neuss nach Düsseldorf wechselte, übernahm ich von meinem Vorgänger, dem leider in diesem Jahr verstorbenen Kulturdezernenten Bernd Dieckmann, trotz dessen ungemein erfolgreicher und umfangreicher Bautätigkeit zwei ungelöste Bauprobleme: Sowohl im Kunstpalast als auch im Ostflügel von Schloss Benrath regnete es sprichwörtlich durch, der Neubau des Kunstpalastes war soeben aus finanziellen Gründen gescheitert, und an eine Restaurierung des Ostflügels war schon gar nicht zu denken. Denn der Kämmerer Herbert Voigt hatte soeben eine Haushaltssperre erlassen und eine durchweg 20%ige Kürzung der meisten Haushaltsstellen erlassen, weil die Gewerbesteuern um ein Drittel eingebrochen waren.
Das Problem „Kunstpalast“ konnten wir im Laufe der 90er Jahre dank einer Public-Private-Partnership mit der VEBA (später E.on) AG lösen, aber für den Ostflügel von Schloss Benrath schien keinerlei Lösung in Sicht, was immer wieder vor allem viele Benrather Bürger und Bürgerinnen gegen die „böse“ Stadt Düsseldorf aufbrachte…! Doch Rettung kommt oft unverhofft aus Richtungen, an die kein Mensch gedacht hat: Düsseldorf entschied sich, an der Europäischen Gartenausstellung (EUROGA) 2002 teilzunehmen, die sich in der Region Düsseldorf den Ufern des Rheins und seiner Nebenflüsse widmen sollte. Und da kaum einer so genau wusste, wie man so etwas bewerkstelligt und vor allem sichtbar macht, herrschte allgemeine Ratlosigkeit. Als wir darüber zum x-ten Male in der „Beiko“ (Beigeordnetenkonferenz) berieten, entstand plötzlich und unerwartet die Idee, einerseits aus Haus Bürgel in der Urdenbacher Kämpe ein Naturschutzzentrum zu entwickeln und andererseits im Ostflügel von Schloss Benrath ein Museum für Europäische Gartenkunstgeschichte einzurichten. Henning Friege (SPD) und ich (CDU) wurden beauftragt, hierüber mit dem Land und anderen, noch unbekannten Geldgebern zu verhandeln. Das Land zeigte sich in der Person der damaligen Ministerin für Städtebau und Kultur, Ilse Brusis (SPD), und ihres Ministerialdirigenten Hans-Dieter Collinet mehr als aufgeschlossen, letzterer dann die Idee entwickelte, aus Schloss und Park Dyck im Kreis Neuss ein Pendant zu Schloss und Park Benrath zu machen und beide zu den zwei gartenkünstlerischen Brennpunkten der Ellipse EUROGA 2002 zu entwickeln – eine Idee, die eigentlich bis heute bestens funktioniert.
Henning Friege war bei dem Ganzen mehr als hilfreich, aber in einem Punkt war er – völlig zu Recht – unerbittlich: „Hans, du musst mir aber versprechen, mit deinem Museum im Ostflügel bis 2002 auch fertig zu werden!“
Dieses Versprechen habe ich vollmundig abgegeben, aber gesagt ist das leichter als getan! Woher binnen weniger Wochen an ein Konzept für ein Museum der Europäischen Gartenkunstgeschichte kommen? Und genau von hier ab entsteht eine unglaubliche Abfolge von atemberaubenden Zufällen, für die keiner wirklich verantwortlich ist:
Zuallererst treffe ich in Neuss bei Weihnachtseinkäufen auf der Straße Gabriele Uerscheln, bis dahin Museumspädagogin am Clemens-Sels-Museum Neuss, und frage sie, ob sie jemanden kenne, der einem kurzfristig ein solches Konzept schreiben könne. Ja, sagt sie prompt, mich! -Wieso? – Ja, ich habe eins seit Jahren in der Schublade liegen, weil ich davon träumte, mal ein solches Museum einrichten zu können. – Kann ich das mal sehen? Also gemeinsam zu ihr nach Hause, gelesen und für gut, wenn auch überarbeitungsbedürftig auf die Räume von Benrath befunden. Motto des Konzeptes wie später des Museums nach Tagore: „Narren hasten, Kluge warten, Weise gehen in den Garten.“ Dann über Weihnachten und Neujahr mit Gabriele Uerscheln das Konzept gemeinsam überarbeitet und nach dem Dreikönigstag den städtischen Gremien vorgelegt.
Zeitgleich Arbeit an der Idee, eine Public-Private-Partnership dergestalt zu entwickeln, das gesamte Schloss Benrath in eine Stiftung einzubringen und aus dem städtischen Bereich auszugliedern und selbständig zu machen, d.h. auch: zum Bauherrn der Renovierung (anstelle des städtischen Hochbauamtes) zu machen.
Die erste Million war nicht die schwerste, sondern die leichteste: Unser Ehrenbürger und Mäzen Udo van Meeteren war gleich so begeistert, dass er die erste Million zusagte und alle weiteren Geldgeber dazu animierte, sich nicht „lumpen“ zu lassen. Dann hatte die Henkel KG a.A. 125. Jubiläum und sagte in der Person von Herrn Woeste und Herrn Dr. Winkhaus aus diesem Anlass 8 Millionen zu. Die Stadtsparkasse sagte ohne Murren 1 Million zu. Der Verein „Rettet Torhaus und Ostflügel von Schloss Benrath“ von Josef Kürten gab seine seit langem gesammelten gut 600.000 dazu und fusionierte später – wer hätte das gedacht …!? – mit den Freunden von Schloss Benrath zum heutigen Förderverein. Und auch die Stadt gab 5 Millionen dazu, die sie noch im Investitionsprogramm für Benrath reserviert hatte.
Ein weiterer Glücksfall: Frau Ministerin Brusis gab 80% der Renovierungskosten.
Also: Das Geld war wider Erwarten nicht nur da, sondern es blieb auch noch eine Menge – bis heute – übrig. Und so kam es am 28. Januar 1999 zum Ratsbeschluss, am 3. März 2000 zur Stiftungsgründung durch die o.g. Partner – und am 19. April 2002 zur Eröffnung des Europäischen Gartenkunstmuseums!
Dazu konnte es nur kommen, weil ein weiterer Glücksfall eintrat, der anfangs sogar als Unglücksfall erschien: Den Architektenwettbewerb gewannen zwei Architekturbüros: Das Düsseldorfer Büro Lindner und das Darmstädter von Prof. Rittmannsberger, einem renommierten Fachmann für die Restaurierung hochkarätiger Denkmäler. Und wider Erwarten arbeiteten beide diszipliniert und kooperativ zusammen. Bedingung: Jeden, aber auch jeden Montag um 8.00 Uhr bis mittags Jour Fix aller Beteiligten! Auf diese Weise konnte mein Versprechen gegenüber Henning Friege eingehalten werden!
Der größte und wichtigste Glücksfall aber war und ist der Vorstand: So wie die pünktliche und qualitätvolle Fertigstellung ohne den Vorstand Uerscheln/Krösche undenkbar war, so ist der heutige Vorstand Prof. Dr. Schweizer/ Maas ein purer Glücksfall! Es macht einfach Spaß, den beiden zuzusehen, wie sie miteinander umgehen und sich gegenseitig hochschaukeln! Haben Sie, liebe Leser, schon mal erlebt, dass die beiden Leiter einer solchen Einrichtung in der alphabetischen Reihenfolge ihrer Namen zeichnen – ganz zu schweigen von ihren gemeinsamen Zukunftsvisionen für Schloss und Park Benrath? Für mich ist es ganz einfach das beste Vorstandsteam, das ich je in meinem langen Berufsleben kennengelernt habe.